Delbrück. Wie die Römer in Delbrück gegen den Regen kämpften

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Sechs Meter langer Nachbau eines hölzernen Entwässerungsgrabens fertig gestellt

Delbrück-Anreppen. Das 23 Hektar große Römerlager nahe der Lippe bei Anreppen steht zu Unrecht im Schatten der bekannteren römischen Lager in Xanten und Haltern.

Das Anreppener Lager am Südufer der Lippe wurde erst im Jahre 1968 entdeckt. Dank der über Jahrzehnte durchgeführten Grabungen des Westfälischen Museums für Archäologie zählt das Römerlager Anreppen, das nur wenige Jahre nach der Zeitenwende genutzt wurde, heute zu den wichtigsten frührömischen Denkmälern in Deutschland. Das Lager hatte die Form eines unregelmäßigen, langgestreckten Ovals. Direkt am Südtor lag ein riesiger 56 mal 68 Meter großer Speicher.

In den vergangenen Wochen wurde im Lager eine weitere Rekonstruktion fertig gestellt. In Zusammenarbeit zwischen dem Stadtverband für Heimatpflege und dem Bauhof wurde ein sechs Meter langes Teilstück des in der Via principalis verlaufenden Entwässerungskanals gebaut. Die Rekonstruktion gründet sich vor allem auf die Grabungen des früheren Hauptkonservators Johann-Sebastian Kühlborn (73) in der Stadt Xanten und den Lagern Anreppen und Oberaden.

Solche Entwässerungssysteme waren in römischer Zeit nichts Ungewöhnliches im Städtebau, mussten doch bei Starkregen durch die großzügig überbauten Flächen große Mengen Regenwasser abgeleitet werden. Allein vom 36 mal 68 Meter großen Speicher, der sich teilweise auf dem Gebiet des heutigen Friedhofs erstreckte, müssen sich wahre Sturzfluten ergossen haben. Entwässert wurde das Anreppener Lager in die Lippe. Die halboffene Bauweise der Rekonstruktion bietet einen guten Einblick in die römische Zimmerertechnik. Der Abwasserkanal ist ein weiterer Schritt, das Römerlager in Anreppen sicht- und erlebbarer zu machen. Die Kosten betragen rund 3.250 Euro.

Im kommenden Jahr soll der 2011 angelegte archäologische Lehrpfad um zwei weitere Stationen, darunter der Kanal, auf insgesamt 14 Stationen erweitert werden. Ferner ist geplant, das benachbarte Südtor in Umrissen wieder sichtbar zu machen, um die Dimensionen darstellen zu können, so Kühlborn. An eine modellhafte Rekonstruktion ist auf Grund der Kosten nicht zu denken.

Der übernächste Schritt soll die Kenntlichmachung eines Kasernengebäudes sein. "Auch dafür brauchen wir einen langen Atem", so der Wissenschaftler. Bürgermeister Werner Peitz unterstrich die Bedeutung des Römerlagers für den Tourismus. Gerade Fahrradfahrer, die auf der Römer-Lippe-Route unterwegs sind, und Tagesgäste machen gern Station am Römerlager. Die touristische Entwicklung bezeichnete Peitz als Herzensanliegen. Die finanziellen Möglichkeiten der Stadt sind allerdings begrenzt. Bis zu 14.000 Euro liegen dafür bei der Stadt auf der hohen Kante, falls sich das Land in gleicher Höhe beteiligt.

Im Juli des Jahres 2008 erfolgte der erste Spatenstich für die Errichtung des Römerparks Anreppen. Der Anfang wurde mit den römischen Wehrgräben in unmittelbarer Nähe des Südtores gemacht. Mittlerweile sind der 7,5 Meter breite Hauptgraben und der 4,5 Meter breite Vorgraben auf einer Länge von 75 Meter in ihrer ursprünglichen Form wieder sichtbar. Im Mai 2009 begannen die Arbeiten zur Wiederherstellung eines Straßengevierts. Inzwischen ist der Bau der Straßen vollendet. Die gesamte Straßenfläche beläuft sich auf 3.600 Quadratmeter, die ohne Chemieeinsatz vom Stadtverband unkrautfrei gehalten werden.

Angelegt wurde auf einer Länge von rund 100 Metern die Mittelzone der Via Principalis mit einer Breite von 12 Metern (Gesamtbreite ursprünglich 36 Meter), die durchs Südtor nach außen führende Straße, weiterhin auf einer Länge von rund 185 Metern die Via decumana dextra mit einer Breite von 9 Meter, eine von dieser abgehende 9 Meter breite Straße, die einst zwischen dem Stabsgebäude und dem Kommandeurspalast verlief sowie ein Teilstück der ebenfalls 9 Meter breiten Via quintana. Die enormen Abmessungen der römischen Lagerstraßen werden durch den Vergleich mit der unmittelbar daneben verlaufenden Asphaltstraße besonders augenfällig.

© Neue Westfälische 2016. Text und Bild Ralph Meyer am 26.10.2016, 21:06 Uhr.