Die Bratsche: Das unterschätzte Instrument trumpft in Porta auf

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Porta Westfalica-Barkhausen (hel). Ach, ja, die Bratsche: Sie gilt als graue Maus unter den Streichinstrumenten, wenn nicht gar als hässliches Entlein, über das sich alle anderen lustig machen. Den Bratschern eilt der Ruf voraus, musikalisch nicht sonderlich begabt zu sein, andernfalls würden sie ja Geige spielen, so das Vorurteil. In Musikerkreisen sind Bratscherwitze daher beliebt.
Mit diesem Image kokettierte auch Nils Biesewig vom „Duo Violine und Viola“ beim Konzert „Tanz in den Herbst“ in der Margarethenkapelle, dem letzten von drei diesjährigen Sommerkonzerten, die die Gesellschaft zur Förderung der Archäologie in Ostwestfalen auf dem Wittekindsberg organisiert hatte. An der Seite Biesewigs wusste die junge Finnin Anna Marila an der Violine zu begeistern. Vital und rein im Spiel, selbstbewusst und von großer Klarheit.
Dass dieses eher unvorteilhafte Bratscherbild musikalisch sofort korrigierte wurde, verstand sich nahezu von selbst. Nach dem „Einzug der Königin von Saba“ aus Händels Oratorium „Solomon“, erklangen acht von Bachs zweistimmigen Inventionen, ebenfalls für Violine und Viola eingerichtet.
Hatte die Viola (Bratsche) bei Händel noch eher eine begleitende Funktion, trat sie hier der Violine als gleichberechtigter Partnerin zur Seite. Die Werke hatten in dieser Besetzung durchaus ihren Charme und changierten zwischen tänzerisch und kontemplativ bis hin zu furios-rasant, wie der temposcharfen Fassung der achten Invention, Bach-Werkeverzeichnis (BWV) 779, die mit ihrem aufsteigendem F-Dur-Dreiklang vielen Klavierschülern geläufig sein dürfte.
Noch stärkeren Reiz entwickelten jene originär für das Duo Violine-Viola komponierten Werke, wie das dreisätzige Werk (op. 18) von Carl Stamitz, einem Vertreter der Mannheimer Schule und selbst Bratscher.
Noch prägnanter Mozarts Duo Köchelverzeichnis (KV) 423, ein Gelegenheitswerk, mit dem der Komponist seinem erkrankten Freund Michael Haydn half, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen. Musik also, die wohl nicht entstanden wäre, wenn ihn Haydn nicht darum gebeten hätte. Typisch für Mozart, dass dieses und ein weiteres Duo dennoch zu den besten Gattungsbeiträgen zählen.
Beide Musiker kamen beim Publikum prima an, agierten mit größter Spielfreude und sehr präzise aufeinander abgestimmt. Diese positive Aura übertrug sich auch auf die zahlreichen Besucher der Margarethenkapelle, die nachgerade euphorisiert waren. Mit zwei Werken von Bach gab das Duo diesen Dank zurück.

Christian Helming am 05.09.2017

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